Hier meine 5 Tipps:
1. Das ideale Teleskop gibt es nicht!
2. Ein sinnvolles Teleskop hat seinen Preis
3. Eine stabile Montierung ist das A und O
4. Auf die Vergrößerung kommt es nicht an
5. Achte auf eine kindgerechte Handhabung
1. Das ideale Teleskop gibt es nicht!
Wahrscheinlich hast Du schon ein wenig im Internet gestöbert und festgestellt: Der Teleskopmarkt ist unüberschaubar. Es scheint beinahe, als gäbe es mehr Marken, unterschiedliche Modelle und Teleskopttypen als Sterne am Himmel. Wie soll man da eine richtige Entscheidung treffen?
Ich kann Dich aber beruhigen: Das eine richtige Einsteigerteleskop gibt es nicht! Es gibt kein einzelnes Teleskop, das alle astronomischen Anwendungsbereiche (Mond, Planeten, lichtschwache Objekte wie z. B. Galaxien, Astrofotografie) gleichermaßen abdecken kann. Und, soviel kann ich Dir auch schon verraten: wird Dein Youngster wirklich vom Astrofieber gepackt, wird das erste Teleskop nicht das letzte gewesen sein...
Damit es dazu aber überhaupt erst einmal kommt, ist sehr wohl entscheidend, dass das erste Teleskop kein Spaßverderber ist. Und hier gibt es durchaus große Unterschiede in der Qualität als auch in der Eignung für Kinder!
2. Ein sinnvolles Teleskop hat seinen Preis
Leider gibt es sehr viele Kaufhäuser und auch Online-Versandanbieter, die für unter 100 - 200€ "Einsteiger-Komplettsets" mit umfangreichem Zubehör feilbieten: "Alles, was es für den professionellen Start in die Astronomie braucht". Fast zu schön, um wahr zu sein.
Für ein sinnvolles Einsteigerteleskop für Kinder mit bestimmten Grundfunktionen, solider Verarbeitung und ordentlichem Zubehör sind aus meiner Erfahrung zumindest 300€ einzukalkulieren (Stand November 2024).
An dieser Stelle ist es jedoch auch angebracht, über Erwartungen zu sprechen. Bestimmt kennst Du die beeindruckenden Planetenaufnahmen des Hubble-Teleskopes (unten links) oder Fotos professioneller Astrofotograf*innen. Durch ein Einsteigerteleskop wird der Saturn visuell eher so aussehen wie in der Aufnahme unten rechts - bei guten Bedingungen.
Wichtig ist also, dass Du und Deine jungen Astronomie-Aspirant*innen euch im Klaren seid, was ihr von einem Einsteigerteleskop erwarten könnt und was nicht, um Enttäuschungen zu vermeiden.
Für mich persönlich ist die Erfahrung, dass das von den fernen Saturnringen reflektierte Sonnenlicht gerade in diesem Moment auf mein Auge trifft, trotzdem noch jedes Mal einmalig - auch durch ein "kleines" Teleskop.
3. Eine stabile Montierung ist das A und O
Damit die spannenden Weiten des Weltalls überhaupt erforscht werden können, braucht es eine solide Basis: Im Falle eines Teleskopes ist es die Montierung bzw. das Stativ. Letzteres sollte aus Alu oder Edelstahl sein und genug Steifigkeit aufweisen, um das Teleskop ruckelfrei zu tragen. Eine Okularablage ist dabei praktisch, aber nicht unbedingt notwendig.
Die Montierung ist das Herzstück der Reise durch das All, taugt die nichts, wird der Beobachtungsabend zur Qual. Mit ihr werden die Ziele am Nachthimmel eingestellt und nachgeführt. Hier sind zwei Typen zu unterscheiden: Die azimutale Montierung und die parallaktische Montierung.
Für Kinder ist aus meiner Sicht in der Regel eine azimutale Montierung zu empfehlen. Hier erfolgt die Bewegung des Teleskopes intuitiv nach links - rechts, oben - unten: Ich bewege das Teleskop auf das Ziel hin, das ich haben möchte. Das entspricht der natürlichen Herangehensweise von Kindern.
Eine parallaktische Montierung erfordert eine Ausrichtung auf den Polarstern. Das hat den Vorteil, dass das eingenordete Teleskop dann über eine Achse bewegt werden kann. Allerdings ist auch das Einstellen von Zielen mit einer parallaktischen Montierung nicht so einfach und erschließt sich nicht von selbst. Kinder, aber auch unerfahrene Elternteile sind damit oft überfordert. Dennoch bieten viele Hersteller Einsteigerteleskope auf parallaktischen Montierung an. Ich rate jedoch für Kinder vom Kauf ab.
Eine gute Montierung verfügt weiters über eine Feineinstellung. Damit lässt sich das Teleskop mit zwei biegsamen Wellen langsam und präzise in alle Richtungen bewegen. Das hilft beim Auffinden kleiner Objekte aber auch z.B. beim Nachführen des Mondes bei hohen Vergrößerungen. Mit einer einfachen azimutalen Montierung ohne Feineinstellung, wie sie in den meisten Billig-Einsteigersets verbaut ist, ist das nahezu unmöglich.
4. Auf die Vergrößerung kommt es nicht an
Wo die Kaufhaus- und Onlinehandel-Komplettsets dem Faß bzw. dem Teleskop aber dann endgültig den Boden ausschlagen, ist, wenn mit Vergrößerungen von "500 bis 600-fach" geworben wird.
Auch wenn es auf den ersten Blick absurd klingt: Bei einem Teleskop kommt es nicht auf die Vergrößerung an. Bei Teleskopen spricht man von einer so genannten sinnvollen Vergrößerung. Diese erhältst Du, wenn Du den Objektivdurchmesser in mm, also den Durchmesser der Öffnung vorne am Teleskop, mit zwei multipliziert. Ein übliches Einsteigerteleskop mit 90 mm Öffnung hat also eine sinnvolle Vergrößerung von maximal 180-fach.
Darüber hinaus wird das Bild zwar größer, die Schärfe nimmt jedoch bis zur Unkenntlichkeit ab. Zudem erlauben Luftturbulenzen in der Erdatmosphäre (in der Astronomie spricht man von seeing) nur bei sehr guten Bedingungen Vergrößerungen jenseits von 250-fach.
Werben Einsteigerteleskope mit einer Öffnung von 70 mm mit "525-facher Vergrößerung", weißt Du also, wie es um die Redlichkeit des Herstellers und um die Qualität des Teleskopes bestellt ist...
Viel entscheidender als die Vergrößerung ist jedoch die Öffnung des Teleskopes. Je größer die Öffnung, desto mehr Licht kann es sammeln - und umso mehr Details lichtschwacher Objekte werden sichtbar. Die Spiralarme ferner Galaxien werden erst in verhältnismäßig großen Teleskopen erkennbar.
In der Hobbyastronomie gibt es das geflügelte Wort, dass sich ab 200mm Teleskopöffnung "der Himmel öffnet". Erst ab dieser kritischen Größe offenbaren viele Himmelsobjekte deutliche Strukturen und Details. Deshalb wird vielfach eine Teleskopöffnung von 200 mm bzw. 8'' (Zoll) als ideale Größe für ambitionierte Einsteiger*innen empfohlen.
Mein unten abgebildetes Dobson-Teleskop hat eine Öffnung von 250 mm/10''.
5. Achte auf eine kindgerechte Handhabung
Trotzdem würde ich Dir deshalb nicht pauschal zum Kauf eines 200 mm-Dobson Teleskopes raten. Solche Teleskope haben - je nach Bauart - ein Gesamtgewicht von 25-30 kg. Das bedeutet, dass sie in der Regel elterliche Aufsicht und Unterstützung beim Aufbau benötigen. Ist an Deinem Wohnort ein Aufbau nicht möglich, bedeutet jede Beobachtungsnacht eine Autofahrt.
Die Auswahl des Teleskopes richtet sich also auch nach dem jeweils vorhandenen Beobachtungsplatz und dem Stauraum bei Dir zuhause. Ein 200 mm-Dobson braucht ordentlich Platz. Ein weiteres geflügeltes Wort in der Hobby-Astronomie besagt: "Das beste Teleskop ist das, das benützt wird".
Ist das Teleskop also zu sperrig für Deinen Youngster oder muss erst aufwändig an den Beobachtungsplatz transportiert werden, ist ein kleineres Teleskop möglicherweise die bessere Wahl. Das sage ich aus eigener Erfahrung mit meinen fünf Teleskopen.
In punkto Bedienfreundlichkeit für Kinder möchte ich auch noch sogenannte goto-Montierungen ansprechen. Einmal eingestellt, lassen sich damit Ziele am Himmel automatisch mit dem Teleskop elektronisch ansteuern und nachführen. Das ist sehr reizvoll für schwieriger auffindbare Ziele. Allerdings setzt die Einstellung des Teleskopes (das so genannte "Alignment") schon eine gewisse Grundkenntnis des Sternenhimmels voraus. Zudem sind viele goto-Teleskope baubedingt ohne Stromversorgung leider nicht manuell oder nur sehr eingeschränkt zu bedienen. Streikt mal die Technik (was öfter vorkommt, als man denkt), lässt sich auch das Teleskop nicht mehr bewegen.
Die für Einsteigerteleskope anfangs interessanten Objekte wie Mond, Planeten, Andromedagalaxie, Plejaden oder Orionnebel uvm. sind aus meiner Sicht auch ohne goto mit wenig Übung rasch aufzufinden. Für mich besteht der Reiz in der Astronomie nicht zuletzt darin, die Dinge selbst zu finden.
Im Sinne einer nachhaltigen Auseinandersetzung mit dem Sternenhimmel und aufgrund der technischen Voraussetzungen würde ich Dir deshalb als erstes Teleskop für Kinder nicht ein goto-Teleskop empfehlen.
Meine drei Teleskopempfehlungen für Kinder
Ich hoffe, Dir mit diesen fünf Tipps Entscheidungshilfen für den Kauf eines Kinderteleskopes in die Hand gegeben zu haben. Aus meiner Erfahrung möchte ich Dir nun drei Teleskope empfehlen, die ich selbst besessen bzw. mit denen ich gute Erfahrungen gemacht habe.
Alle drei Teleskope stammen von der Firma Sky-Watcher. Hierbei handelt es sich um keine Werbeeinschaltung, sondern um meine eigene Überzeugung, dass es sich um gute Produkte handelt. Skywatcher hat sich einen Ruf erarbeitet, solide Qualität zu einem vergleichsweise günstigen Preis anzubieten.
Hinweis: Meine Teleskopempfehlungen enthalten Produktlinks zum Fachhändler astroshop.de. Mit diesem Händler habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht und meistens bietet er den günstigsten Preis. Bestellst du über diese Links, bekomme ich eine kleine Provision. Der Preis für dich bleibt stets gleich.
Nachtrag:
Auf Empfehlung einer befreundeten Sternwarte habe ich die Liste noch um ein viertes Teleskop der Marke Bresser ergänzt, das preislich noch einmal etwas unter meinen drei Vorschlägen liegt, aber ebenso eine interessante Alternative darstellt.
(Preise: Stand November 2024)
1. Linsenteleskop Sky-Watcher 90/660 (f/7,3): Der Allrounder
Durch die mittellange Brennweite lassen sich auch großflächige Sternhaufen wie die Plejaden beobachten, das Telekop leistet aber auch bei Mond und Planeten gute Dienste (maximale Vergrößerung: 180-fach). Ein Allrounder eben.
Bauartbedingt zeigt sich bei hellen Objekten wie dem Mond ein leichter bläulicher Farbsaum, was Anfänger in der Regel aber nicht stört.
Die Montierung AZ pronto ist mit ein Hauptargument für dieses Set. Sie verfügt über eine Feineinstellung und eine Schnellverstellung über eine Rutschkupplung. Ich kenne keine andere Einsteigermontierung, die so bedienerfreundlich und gleichzeitig robust ist. Ich verwende meine noch heute als Reisemontierung!
Vorteile:
Nachteile:
2. Spiegel-Linsenteleskop Sky-Watcher 102/1300 (f/12,7): Der Mond- und Planetenspezialist
Montierung ist ebenfalls die bereits oben gelobte bewährte AZ pronto.
Vorteile:
Nachteile:
3. Dobson-Spiegel-Teleskop Sky-Watcher 200/1200 (f/5,91): Der ambitionierte Einstieg
Dadurch gibt es keinen Farbfehler. Da Spiegel vergleichsweise billiger herzustellen sind als Linsen, ist ein Spiegel-Teleskop auf einer Dobson-Montierung die günstigste Bauweise, um eine möglichst große Öffnung zu erzielen.
Mit 200 mm Durchmesser "öffnet" sich sprichwörtlich der Himmel. Lichtschwache Objekte wie Galaxien zeigen erste Strukturen und Kugelsternhaufen beginnen, sich am Rand aufzulösen. Durch die verhältnismäßig hohe Brennweite ist das Teleskop aber ebenso gut für Mond und Planeten geeignet (maximale Vergrößerung: theoretisch bis 400-fach). Ein Allrounder für ambitionierte Kinder und Eltern.
Vorteile:
Nachteile:
Nachtrag:
4. Tischdobson-Spiegel-Teleskop Bresser 130/650 (f/5): Günstig, aber gut
Dadurch ist dieser Teleskoptyp viel leichter und kompakter als ein herkömmliches Dobson-Teleskop, dennoch lässt sich eine noch relativ große Öffnung von 130 mm realisieren. Damit sammelt das Teleskop mehr Licht als die Teleskope Nr. 1 und 2 und es ist somit auch schon für lichtschwächere Objekte geeignet. 130 mm Öffnung bedeuten eine maximale sinnvolle Vergrößerung von 260-fach, damit ist das Teleskop auch für Mond und Planeten gut geeignet.
Vorteile:
Nachteile:
Wenn Du bis hierher gelesen hast und den Sternenhimmel mal an einem wirklich dunklen Platz erleben möchtest: Schau doch mal auf meiner Homepage vorbei: Als sternenguide.tirol biete ich Sternenführungen mit Teleskop an besonders dunklen Plätzen in den Tiroler Alpen an. Ich freue mich auf Dich!
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